18.08.12

Zen oder die Kunst, einen Flughafen zu bauen - ein Update

Fürs Wochenende waren über dreißig Grad angesagt und alle, denen ich auf dem Trampelpfad zur rituellen Tränke begegnete, übten schon mal Schwitzen. Drinnen war es richtig stickig, schon weil des Heinz' Zigarre ordentlich für Feinstaub sorgte. Den Kerl, der sich an der Bar hinter einer 'B.Z.' versteckte, störte weniger der Rauch: "Jetzt verschieben sie die Eröffnung des Flughafens zum vierten Mal!"
"Das ist bei rein repräsentativen Gebäuden nun mal so," gab der Heinz unbeteiligt zurück, "bis der Kölner Dom fertig war, hat es auch fünfhundert Jahre gedauert."
"Das ist doch ewig her."
"Hundertfünfzig Jahre," der Heinz schaute kurz auf, "kein Verhältnis zur Bauzeit. Dann sind da noch die Hamburger Elbphilharmonie und der CCTV-Knoten in Peking: Der sollte auch zu deren Olympiade fertig sein."
"Aber das BER-Desaster ist rufschädigend für Berlin!"
"Das nicht BER sondern BBI heißen sollte. Kurz nach der ersten Werbung kam dann raus, dass das Kürzel schon nach Indien vergeben war."
"Man kann nicht an alles denken," murmelte ich. Mellie sah genervt zu mir rüber.
"Zwanzig Jahren Planung und zu wenig Abfertigungsschalter," maulte es hinter der Zeitung.
"Man kann eben nicht an alles denken," wiederholte ich mich.
"Keine private Finanzierung, jede Menge Pleiten und dann die Flugrouten über der Stadt," die 'B.Z.' konnte es einfach nicht auf sich beruhen lassen, "warum sollen die sicherer sein als ein Flughafen in der Stadt? Wurde nicht deshalb außerhalb geplant? Keine Flüge über dem Stadtgebiet?"
"Ich sag doch: ..."
"Dann haben sie noch diesen Islamisten als Sicherheitsmann eingestellt."
"Vielleicht um die Reisenden für den Flug mit kostenlosen Koran-Ausgaben zu versorgen?" mutmaßte der Heinz.
"So schlimm ist es nun wirklich nicht," wandte ich ein, "die Bauarbeiten in Mitte kommen jedenfalls gut voran."
Der Heinz grinste: "Du meinst die Legoland-Version im Sony-Center?"
"In Echt ist der sicherheitstechnisch wichtigste Teil aber auch schon fertig!"
Damit hatte ich aller Aufmerksamkeit.
"Na das Abschiebeknast. Noch kommt zwar keiner an, aber ohne Papiere kann er schon mal weggesperrt werden. Und in einem Gefängnis direkt am Flughafen würden Anschläge dort zur Selbsterfahrung."
Der Heinz schüttelte den Kopf: "Ich hab gelesen, Sprachwissenschaftler sollen sich grad mit der Entwicklung eines Futur drei beschäftigen, um sinnvolle Gespräche über den Flughafen zu ermöglichen."
"Futur drei?" fragte Mellie.
"Eins beschreibt die Zukunft, das zweite Dinge, die zu einem fixen Zeitpunkt in der Zukunft abgeschlossen sein werden. Drei soll jetzt Ereignisse beschreiben, die zu einem fixen Zeitpunkt in der Zukunft hätten fertig sein sollen, von denen aber jetzt schon klar ist, dass sie das nicht sein werden, und dass sie sich hinziehen, bis nicht mehr sicher ist, ob sie überhaupt jemals abgeschlossen werden können."
"Das ist nicht witzig," sagte die 'B.Z.'.
"Wieso nicht?" fragte der Heinz zurück, "je mehr Kapazitäten der Flughafen frisst, desto weniger bleibt für diese wilhelminische Stadtschlossmonstrosität übrig."
"Vergiss das Stadtschloss," schlug ich vor, "machen wir's wie die Pharaonen: Der Flughafen wird Wowereits Mausoleum."
"Wowereit als Schneewittchen in der Glaskiste?"
"Wäre Dir Lenin am Roten Platz lieber?"
"Kleinerer Mann, größere Kiste, "der Heinz rieb sich das Kinn: "Bis zu dessen Ableben könnten sie tatsächlich fertig werden. Mellie, kennst Du den alten 'Lufthansa-Cocktail'? Und leg 'From here to Eternity' auf."
"Och Heinz, blas Dich mal nicht so auf!"